Dr Zoggeli in Paris
Dr’ Zoggeli in einer anderen Welt – Die Düfte des Parfums
TAG 1
Zu der Zeit, von der wir reden, herrschte in den Städten ein für uns moderne Menschen kaum vorstellbarer Gestank. Es stanken die Strassen nach Abfall, es stanken die U-Bahn-Zugänge nach Urin, es stanken die U-Bahnen nach Schweiss, es stanken die ungelüfteten Zimmer der Hotels nach muffigem Staub und natürlich war in Paris der Gestank am grössten, denn Paris war und ist die grösste Stadt von Frankreich.
Alles begann um 05.00 Uhr morgens auf dem Euroairport in Basel. Eigentlich war es schon früher, als die verschiedenen Zoggelis aufstanden oder einer verschlief und einige andere in der Kälte warteten…
Nach einem gemütlichen Flug mit easyJet und einer Mütze voll Schlaf landeten wir gut gelaunt auf dem Flughafen Charles des Gaulle in Paris. Die Zollkontrolle durchschritten, warteten wir am Rollband auf unsere Taschen. Alles war da, nur ein Zoggeli hatte seine Tasche noch nicht, oder doch – diese drehte bereits die fünfte Runde und wurde einfach nicht erkannt von seinem Besitzer…
Es folgte ein kurzer Fussmarsch zum U-Bahnhof. Einige von uns brauchten jetzt einen Kaffee und zwei Zoggelis besorgten die Paris-Visite-U-Bahn-Drei-Tageskarte.
Danach machten wir uns unter kundiger Führung der beiden Organisatoren auf zu unserem Hotel in der Innenstadt. Via U-Bahn und längerem Fussmarsch gelangten wir ans Ziel: Comfort Hotel Davout Nation in der 110, rue des Orteaux.
Da die Zimmer noch nicht bezugsbereit waren, stellten wir unsere Taschen in einem muffigen Raum ab und verschwanden in Richtung Stadtzentrum.
Unser erstes Ziel war der Eiffelturm. Viele Leute hatten das gleiche Ziel und wir wollten eigentlich nur hoch, um dort ganz oben unsere zwei Flaschen Tschugger zu kredenzen, welche wir extra mitnahmen.
Dieses Vorhaben wurde uns verwehrt, sodass wir bei wunderschönen Wetter und angenehmen 25 Grad eine Wiese aufsuchten und dort mit vielen anderen Touristen/-innen uns den Blick auf den Eiffelturm gönnten und einiges mehr…
Wunderbar diese Aussicht(en)…mit einem Glas Weisswein in der Hand.
Ohne genau zu wissen, was Recht und Unrecht war, sprachlich des französischen nicht unbedingt mächtig, ein ehrlicher Charakter eben, besassen sie doch die aussergewöhnliche Gabe, jeden Duft, jeden Geruch in ihre jeweiligen Bestandteile zu entschlüsseln. Die Blicke von sieben Augenpaaren schweiften umher und manchmal trafen sie sich wieder und ein schmunzeln oder lächeln überzog ihr Antlitz – oder eben die Gedanken waren frei – vive la France!
Nach einem bisschen Weisswein wurden wir mutiger und wollten unbedingt diesen Turm besteigen. Ein Wahrzeichen besonderer Eleganz, das von jedem elf Euro abverlangte.
Alle stiegen hinauf zum Gipfel, um den Horizont abzuwittern, herrlich dieser Ausblick über Paris. Wie eine Schlange zog sich die Seine durch die Stadt. Wälder umgaben ein Meer von Häusern. Die Sonne liess so manches Dach funkeln, darüber der stahlblaue Himmel. Ein Genuss, welcher vom Duft dieser Grossstadt nicht zu erwarten war.
Nach der Rückkehr in unser Hotel, begannen die Vorbereitungen für den abendlichen Ausgang. Hinlegen, schlafen, schnarchen, duschen, und mehr, was Zoggelis (nicht Frauen) eben so machen.
Unser Weg führte uns auf direktem Weg (oder fast) mit der U-Bahn in die 39, rue Saint-Louis-en-l’Isle. Dort wurden wir erwartet im Restaurant „Nos ancetres les gaulois“.
Ein Loch von einem Restaurant mit einem langen Gang. Einer grossen Tradition von welcher nur wenige ahnten. Vielen Tischen und Stühlen vollbesetzt mit Leuten aller Nationen. Eines Buffets beim Eingang und eines Fasses voller Wein daneben, einer Feuerstelle zur linken Seite mit einer Bar und vielen Flaschen auf Gestellen. Hier waren wir angekommen in der Höhle des Fressens. Ein Tisch für uns, mit einem Korb voller Gemüse zur Begrüssung. Nette Tischdekoration – weit gefehlt, das war der erste Gang, als Vorspeise gedacht. Pflücke das, was du wolltest und man richtete es auf dem Teller an, dazu eine Scheibe Brot und der Salat war zubereitet. Um den Durst zu löschen war der Gang zum Fasse von Nöten mit einer Karaffe, welche auf dem Tisch stand. Es waren gute Laufqualitäten gefragt, denn wer die Zoggelis kennt, weiss, dass eine Karaffe nicht weit reicht…
Einem wurde dies schon bald zu bunt und er nahm sich ein Herz, liess die Karaffe auf dem Tisch neben dem Fass stehen und behändigte sich des ganzen Weines. Sofort machte sich die internationale Fressgesellschaft bemerkbar und begann zu singen oder so ähnlich.
Zurück mit Teller und vielem mehr, ging dies nun immer weiter und weiter. Es folgte Gang für Gang, auch der Grill bekam sein Fett ab, und die Käseplatte mit einer Früchteschale beschloss dies Gelage.Eigentlich schade, dass alles so kurzweilig war, denn die Stimmung war bestens. Eines richtigen Zoggelis eben würdig, in diese alten Bräuche versetzt zu werden.
Danach begann der beschwerliche Heimweg mit einem vollen Bauch und vielen benebelten Geistern. Willige Geister mit müdem Fleisch machten sich auf den Heimweg. Kurz vor dem Ziel liessen es sich vier nicht nehmen einen letzten Tropfen in Form eines flüssigen Hopfengebräus einzunehmen. Prost.
TAG 2
Nach einer kurzen Nacht und eines Blickes in den überfüllten Frühstücksraum, machten sich drei auf, die nähere Umgebung zu erkunden. Schnell fanden diese das Café Arab. Die Croissants dufteten fein und das Getränk war stark und intensiv.
Später folgte ein Fussmarsch an etlichen Sehenswürdigkeiten vorbei, welche aufzuzählen niemanden interessiert, da sicher alle Paris kennen.
Gegen Ende machten wir halt im Kaufhaus Galeries Lafayette. Dieses zählt zu den grössten seiner Bauart und lässt fast keine Wünsche offen. Eine riesige Auswahl in imposanter Atmosphäre. Beim Betreten wurde man(n) von einer Vielzahl betörender Düfte überwältigt und die grosse Parfümerieabteilung hatte ihren Auftritt. Einige … eigentlich viele … nette und hübsche Verkäuferinnen erwarteten schon den zahlenden Zoggeli. Die grossartige Zentralhalle mit ihrer beeindruckenden Glaskuppel ist ein Baumonument und Denkmal. Der Auftrag war ausschwärmen und ein Geschenk suchen für seine Liebsten. Damit es keinen Ärger gibt zu Hause, vielleicht mit dem Reklamieren noch warten bis nach Weihnachten …
Nach diesen wunderbaren, ja wundervollen Eindrücken wartete die Pflicht auf jeden Zoggeli während des alljährlichen Ausfluges. Die Sujetfrage wurde thematisiert bei einem halben Liter Bier, welcher nicht weniger als zehn Euro kostete … traumatisiert von diesem Preis ging alles sehr rasch und das Sujet, Kostüm und Larve waren bestimmt. Es folgte ein zweites Bier zum selben Preis … als Abrundung der schnellen und intensiven Ausmachung.
Nach den üblichen Vorbereitungen für den Abend, machten wir uns auf das Quartier Latin zu besuchen. Wem jetzt der Gedanke aufkommt, es gehe dabei um nacktes südamerikanisches Fleisch, welches tanzt, liegt falsch. Wir suchten uns dort ein Lokal zum Nachtessen und da die Vielfalt so multikulti gross war, landeten wir schliesslich im G20 und dies war keine Disco. Jeder wählte, was er wollte und dinierte nach Belieben. Ein brasilianisches Filet – zart rosa gebraten, dazu die üblichen Beilagen, war dies ein Genuss – andere hatten weniger Glück und assen eine Schuhsohle de Paris.
Nachdem am Vorabend eine gewisse Zurückhaltung vorhanden war, stürzten wir uns nun ins Nachtleben von Paris.
Der Aufforderung wahrheitsgetreu zu schreiben kam ich nach … es war ein schöner und gemütlicher Abend mit Spaziergang, welcher mit einem Schlummerbecher zu Ende ging … wir werden alle älter und ruhiger. Dies entspricht dem vorzüglichen Stil dieser Waageglygge, welche eine Zensur verbietet.
TAG 3
Nach dem Auschecken mit unserem Gepäck machten wir uns auf in Richtung Bahnhof. Irgendwo sollte es ja Schliessfächer geben und nicht nur eine grosse Baustelle. Leider weit gefehlt und wir mussten zum nächsten Bahnhof ausweichen, um dort die Prozedur eines Gepäck-Scans über uns ergehen zu lassen.
Hoch über der Stadt auf dem Hügel Montmartre thront ein weiteres Symbol von Paris, die Kirche Sacré-Coeur. Der Weg auf den Montmartre lohnte sich auf jeden Fall. Wir liessen die vielen Treppen hinter uns und sahen den fantastischen Blick auf Paris. Die Kuppel wollte dann niemand besteigen – 237 Stufen waren jedem zuviel. Weiter ging es zum Montmartre-Hügel, mit 128 Metern die höchste Erhebung der Stadt, welche eine riesige Künstlerkolonie beheimatet.
Die Romantik war spürbar und irgendwie suchte der Durst uns heim und letztlich übermannte uns der Hunger.
Frisch gestärkt und mit vielen Eindrücken machten wir uns auf in Richtung Gepäck und dann zum anderen Bahnhof.
Was nun folgte, hatten streikende SNCF-Angestellte zu verantworten, welche uns unsere reservierten Sitzplätze im Zuge wegnahmen und aus drei Zügen einen machten. Eine Organisation mit Angestellten ohne Fingerspitzengefühl für Touristen.
Und dann brach mit einem Mal – mit orgastischer Gewalt seine angestaute Wut hervor. Wie ein Gewitter zog er her über diese Ungerechtigkeit, die es gewagt hatte, sie ihrer Plätze zu berauben. Wie Hagel auf ein Kornfeld drosch es herab, wie ein Orkan stäubte es aus seinem Munde. So gerecht war sein Zorn. Er zitterte vor Erregung, seine Faust krampfte sich in wollüstigem Behagen und wölbte sich auf, so dass er für einen Moment den Kopf dieses arroganten Zugschaffners anvisierte, um dann langsam zu gehen, da dieser SNCF-Wurm es nicht Wert war ihn klein zu machen.
Ein solches Ende hatte dieser Ausflug nicht verdient, aber einer Erwähnung bedarf es, der Gerechtigkeit willen.
Nach anderthalb Stunden stieg der Geruch von Lachs und vielem mehr auf im Wagen und alle Zoggelis hatten ein Plätzchen gefunden im total überfüllten Zug. Gott sei Dank – gab es Menschen, welche unserem Ansinnen eines gemeinsamen Picknicks im Train den Vortritt liessen und ihren reservierten Platz zur Verfügung stellten, so dass wir alle zusammen sassen. Die Blicke der anderen Passagiere waren uns gewiss und wir liessen es uns schmecken.
Gegen elf Uhr nachts erreichten wir Basel, wo wir bereits erwartet wurden.
Diese Erzählung vom diesjährigen Glygge-Uusflug kam in Anlehnung an das Buch „Das Parfum“ von Patrick Süskind zustande, welches Paris und seine Gerüche sehr eindrücklich beschreibt … und zum Abschluss dies:
An dieser Stelle möchten wir es nicht unterlassen einmal DANKE zu sagen an unsere Ehefrauen und Kinder, Freundinnen, Lebensgefährtinnen und Abschnittspartnerinnen, welche uns jedes Jahr mindestens ein Wochenende alleine liessen und uns auch sonst viel Zeit gewährten für die Waageglygge Zoggelischletzer. Wir Zoggelis schätzen dies sehr, denn auch Männerfreundschaften leben von der Diskussion untereinander und miteinander. Dafür freuen wir uns auch, Euch an der nächsten Fasnacht wieder zu verwöhnen.
Felix Sutter